BANU-Leitlinien
Um die komplizierten Vorgänge und Entwicklungen in Natur und Umwelt zu verstehen und um aktiv für deren Schutz einzutreten, ist ein umfangreiches Wissen über natur-, wirtschafts und gesellschaftswissenschaftliche Zusammenhänge notwendig. Die nahezu unüberschaubare Komplexität von Natur und Umwelt erfordert integrative Sichtweisen von ökologischen, ökonomischen und sozialen Prozessen. Vernetzte Kenntnisse und konkrete Handlungsanleitungen sind wesentliche Voraussetzungen für naturverträgliches Handeln. Sie fördern auch die Bereitschaft zur Mitwirkung in der Natur- und Umweltschutzarbeit.
Vom „Bundesweiten Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz“ (BANU) wurden Ziele, Inhalte, Methoden und Instrumente der Umweltbildung in Deutschland in den letzten zwanzig Jahren maßgeblich mitbestimmt. Aufbauend auf diesen Erfahrungen und vor dem Hintergrund neuer gesellschaftlicher Herausforderungen zur Entwicklung einer naturverträglich handelnden Gesellschaft legen die im BANU zusammengeschlossenen Bildungsstätten Leitlinien für die Umweltbildung im 21. Jahrhundert vor.
Sie verfolgen damit die Ziele:
den Diskussions- und Erneuerungsprozess in der Umweltbildung voranzutreiben
Grundlagen für politische Entscheidungen zur Umweltbildung zu bieten,
ein klares Profil der Umweltbildung zu entwickeln und
die Motivation und Professionalisierung der in der Umweltbildung tätigen Personen zu …
Damit sind die erarbeiteten Leitlinien Grundlage für die umweltbildnerischen Aktivitäten aller im BANU zusammengeschlossenen Bildungsstätten. Diese Einrichtungen unterstützen die Ziele und Inhalte der Agenda 21 – des Aktionsprogramms der Weltgemeinschaft für das 21. Jahrhundert. Zur Umsetzung dieser in Rio de Janeiro 1992 beschlossenen gesellschaftlichen Neuorientierung ist Umweltbildung ein zentrales und wesentliches Instrument.
In vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen, in Netzwerken zur Umweltbildung oder in gemeinsamen Aktionen wird es besser gelingen, die Integration der Umweltbildung in allen gesellschaftlichen Bereichen zu beschleunigen. Gemeinsame Arbeit, gemeinsame Erfahrungen und gemeinsame Erfolge werden dazu wesentliche Impulse geben.
Die Leitlinien sollen allen in der Umweltbildung tätigen Personen als Orientierung dienen und zur Diskussion anregen. Sie bedürfen nun konkreter Ideen und Vorhaben zur Umsetzung. Die Leitlinien werden dazu beitragen, Umweltbildung zu einem Instrument des gesellschaftlichen und interkulturellen Verständigungsprozesses für eine nachhaltige Entwicklung auszubauen.
Leitlinie 1
Umweltbildung erweitert ihre Inhalte. Vom Artenschutz bis zur Nachhaltigkeit muss sich unser modernes Bildungsangebot erstrecken.
Die traditionellen Bildungsinhalte sind zu erweitern und zu aktualisieren. Klassische Themen sind genauso anzubieten wie wirtschaftspolitische, soziale und arbeitsmarktpolitische, damit die Integration von Natur- und Umweltschutz in allen Lebens- und Gesellschaftsbereichen erfolgt. Neben den traditionellen Inhalten wie Arten- und Biotopschutz und technischer Umweltschutz sollen darüber hinaus Themen aufgegriffen werden wie:
biologische Vielfalt, Agenda 21, Ressourcen- und Energienutzung, Verkehr und Mobilität sowie Freizeitverhalten, Ökologisches Bauen, Methoden der Umweltbildung, Gen- und Biotechnologie, Umweltgeschichte und -philosophie, Lebensstile und Bewusstsein, Kultur und Kunst, Werte, Normen und Kompetenzen sowie Landesentwicklung und Raumordnung, soweit sie dazu beitragen, die Umweltkompetenz der Gesellschaft zu stärken.
Leitlinie 2
Umweltbildung bietet Visionen für eine nachhaltige Entwicklung. Natur- und Umweltschutz stellt sich den neuen Aufgaben und Anforderungen.
Die zukünftigen Aufgaben des Natur- und Umweltschutzes sind nur zu bewältigen, wenn mit allen gesellschaftlichen Gruppen und mit allen Bürgerinnen und Bürgern dauerhaft eine Entwicklung der Gesellschaft verwirklicht wird.
Die Umweltbildungsstätten sollen Zentren der Begegnung und des Dialogs sein. Die jeweiligen Bildungsangebote entsprechen den aktuellen Bedürfnissen und sind auf die Vorsorge und Nachhaltigkeit im pädagogischen Handlungsfeld gerichtet. Bei der Bewältigung von Konflikten im Umweltbereich sind Problemlösungsstrategien zu entwickeln sowie Moderations- und Mediationsaufgaben zu übernehmen.
Leitlinie 3
Umweltbildung ist ein lebenslanger Lernprozess. Umweltbildung ist überall und immer – sie muss noch stärker in das Bewusstsein eindringen und entscheidend das Handeln beeinflussen.
Umweltbildung soll lebenslanges handlungsorientiertes Lernen vom Kindergarten über die Schule, im Beruf, in den Freizeitaktivitäten, in der Familie bis hin zum Renten- und Pensionsalter ermöglichen. Um eine Bildung, die auf eine dauerhafte umweltgerechte Entwicklung zielt, zu etablieren, müssen die punktuell vorhandenen Aktivitäten zum integrativen Bestandteil aller Gesellschafts- und Lebensbereiche ausgebaut werden. Natur und Umweltbildung soll politische und gesellschaftliche Planungs- und Entwicklungsmaßnahmen begleiten und damit permanenter Bestandteil von Gesetzen, Vereinbarungen und Förderprogrammen sein. Es geht um Qualifikationen für die Zukunft.
Leitlinie 4
Umweltbildung nutzt neue Methoden und Instrumente. Vom Dozieren und Belehren zum natur- und umweltverträglichen Handeln mit ausgeprägten Umweltkompetenzen.
Neue Ziele und Inhalte erfordern neue Methoden und Instrumente. Da die Umweltbildung eine recht junge Disziplin ist, bedient sie sich bewährter und erprobter Methoden anderer Wissenschaften und modifiziert diese für ihre eigenen Belange. Die erstreckt sich u.a. auf die Pädagogik, die Psychologie, die Politik, die Kultur-, Natur- und Wirtschaftswissenschaften. Die Auseinandersetzung mit Methoden aus diesen Bereichen führt zu einem außerordentlich breiten Spektrum zielgruppenorientierter und altersgerechter Vermittlungs- und Anwendungstechniken. Besonderer Schwerpunkt ist auf den Einsatz moderner Managementmethoden, bewährter Moderations- und Mediationstechniken sowie praktikabler Kommunikationsstrategien zu legen.
Leitlinie 5
Umweltbildung bietet Partnerschaft. Gemeinsam sind wir stark – mit neuen Partnern können wir noch mehr schaffen.
Die Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Bereichen ist systematisch auszubauen und zu sichern. Dieses gilt vor allem für:
die Wirtschaft, die Gewerkschaften, die Politik, die Medien, die sozialen Dienste, die Kultur, die Kirchen, den Sport und die Wissenschaften sowohl in den öffentlichen als auch in den privaten Einrichtungen auf kommunaler, Länder- und Bundesebene.
Die Vernetzung von Umweltbildungsstätten und die Koordinierung ihrer Aktivitäten müssen vorangetrieben werden. Nur dadurch kann die Effizienz gesteigert werden.
Leitlinie 6
Umweltbildung bietet vorbildhafte Umweltbildungsstätten. Weiterentwicklung ist unsere Chance.
Wer Anforderungen an andere formuliert, muss sich selbst auch der Herausforderung stellen. Die staatlichen Umweltbildungsstätten haben eine Vorbildfunktion. Sie sollen in hohem Maße nach dem Muster moderner Dienstleistungseinrichtungen, nach den Kriterien der Kundenfreundlichkeit, des Marketings, der Wirtschaftlichkeit und der Effizienz arbeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bildungsstätten müssen für die neuen Aufgaben motiviert und gezielt qualifiziert werden. Ebenso sind mittel- und langfristig die Fachgebiete Psychologie, Soziologie, Politologie, Kulturwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Marketing im Sinne der Interdisziplinarität einzubinden.
Die im BANU vertretenen Bildungsstätten sind bereit, neue Aufgaben zu übernehmen, beispielsweise als Clearingstellen für Umweltbildung im jeweiligen Land. Um diese Aufgaben bewältigen zu können, sind Organisationsstrukturen mit entsprechenden Freiräumen für Forschung und Lehre sowie eine ausreichende Finanzausstattung erforderlich.
Umweltbildungsstätten sollen Bereiche wie Beschaffung, Energie- und Wasserverbrauch, Verpflegung, Verkehrsmittel, Innen- und Außengestaltung kritisch prüfen und ggf. Veränderungen planen und umsetzen, um den Anspruch einer zukunftsorientierten Bildungsstätte erfüllen zu können.
Eine ausführliche Ausarbeitung zu den „BANU Leitlinien zur Natur- und Umweltbildung für das 21. Jahrhundert“ steht als PDF zur Verfügung und kann hier heruntergeladen werden.